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Festspielgäste in der Hofstallgasse vor dem Großen Festspielhaus | © Tourismus Salzburg / G. Breitegger
Stadterlebnis
Die Festspiele für jedermann
Es gibt viele Mythen, die sich um die legendären Salzburger Festspiele ranken. Einer davon ist, dass man reich, schön oder gar prominent sein muss, um das legendäre Kulturfestival zu sehen. Wir besuchen Salzburg Mitte Juli und stellen fest, dass tatsächlich jedermann (und jedefrau) die Festspiele in Salzburg genießen kann. Und das, ohne dabei viel Geld auszugeben.
Urlaub in der Festspielzeit
Wir sind nach Salzburg gekommen, um uns drei Tage lang einfach mal treiben zu lassen, in den Tag hinein zu leben, zu genießen. Natürlich wissen wir, dass in der Mozartstadt von Mitte Juli bis Ende August die Salzburger Festspiele stattfinden. Doch – wie so viele andere – sind auch wir der Meinung, dass die Festspiele nur etwas für die „oberen 10.000“ oder lediglich eine Veranstaltung für Menschen „70 plus“ sind. Umso erstaunter sind wir, dass wortwörtlich „jedermann“ die Festspiele in Salzburg auf vielfältige Art und Weise erleben und – vor allem aber – genießen kann.
Vom Festspiel-Fieber gepackt
Auf dem Weg zu Salzburgs wichtigster Sehenswürdigkeit, der Festung Hohensalzburg, passiert’s. Wir umrunden den Salzburger Dom, da der Platz davor für eine Festspielaufführung gesperrt ist. Der Himmel über den barocken Türmen wird bereits dunkel, als von der Festung herunter ein markerschütternder Ruf ertönt: „Jeeeeedermaaaan“. Uns läuft unwillkürlich ein Schauer über den Rücken und da wissen wir: Dieses Theaterstück müssen wir sehen!
Den „Jedermann“ last minute genießen
Am Eingang zum Domplatz bekommen wir von dem freundlichen Billeteur einen heißen Tipp: Der „Jedermann“ ist eines der Stücke, für das die Salzburger Festspiele nur am Tag der Aufführung Stehplatzkarten ausgeben. Die Karten gibt es online oder auch telefonisch. Die Bezahlung erfolgt über Kreditkarte, damit bei Schlechtwetter die Rückzahlung erfolgen kann. Gutes Stehvermögen und Schönwetter sind dafür allerdings Voraussetzung, denn sonst findet die Aufführung im Großen Festspielhaus statt – und dort gibt es leider keine Stehplätze.
Bei einem Gläschen Wein mit dem „Tod“ auf das Leben anstoßen
Nach dem Beschluss, uns für die nächste „Jedermann“-Vorstellung solche Stehplatzkarten zu besorgen, brauchen wir dringend eine Stärkung. Die Besichtigung der Festung Hohensalzburg verschieben wir auf den nächsten Tag, dafür spazieren wir durch den ältesten Friedhof der Stadt in St. Peter, um schließlich im Restaurant „Triangel“ in der Wiener Philharmoniker Gasse zu landen. Wir haben Glück, noch sind Plätze frei – sogar mit Blick auf die Festspielhäuser. Wenig später ist die Vorstellung im Großen Festspielhaus zu Ende. In ihren schönen Roben und Gewändern schlendern die Festspielgäste aus aller Herren Länder an uns vorüber, als wären wir auf einer internationalen Modenschau. Etwas später fragen zwei Männer, ob sie sich zu uns setzen dürfen und wir kommen ins Gespräch. Es stellt sich heraus: Es sind der „Tod“ und der „gute Gesell“ aus dem Jedermann. Natürlich stoßen wir gemeinsam an: Auf Salzburg, die Festspiele, den Tod und das Leben.
Hinter die Kulissen blicken: Führung durch die Festspielhäuser
Nach dem Abend in netter Gesellschaft sind wir nun vollends im Festspiel-Fieber. Unsere Neugier wächst und wir wollen hinter die Kulissen blicken. Für genau diesen Zweck werden „Führungen durch die Festspielhäuser“ angeboten. Wir staunen nicht schlecht, als wir das prunkvolle Faistauer-Foyer sehen, die riesige Hinterbühne des Großen Festspielhauses und die unterirdischen Gänge, in denen Musiker und Künstler ungesehen auf die Bühne eilen.
Restkarten und gratis Open Air
Danach statten wir dem Kartenbüro der Salzburger Festspiele einen Besuch ab und erfahren, dass es jeden Tag Restkarten gibt. Die überaus netten Mitarbeiter geben uns auch noch andere wertvolle Informationen, wie jedermann und –frau günstig in den Festspielgenuss kommen: Die Siemens Fest>Spiel>Nächte etwa, eines der größten Kultur-Public-Viewing-Angebote Europas. Eine LED-Leinwand mit bestem Sound, die Festung als Kulisse und das auf einem der schönsten Plätze der Salzburger Altstadt. Schon wieder haben wir Glück! Heute wird „Aida“ gegeben – die Oper von Guiseppe Verdi, in einer Aufführung aus dem Jahr 2017 mit der Starsopranistin Anna Netrebko. Wir begeben uns wie viele andere auf den Kapitelplatz und genießen Musik, Oper, die Stadt und die Sterne.
Last but not least: Dresscode
Am nächsten Tag sind wir pünktlich eine Stunde vor dem „Jedermann“ in der Franziskanergasse. Wir haben Glück und bekommen zwei der heißbegehrten Stehplatzkarten. Sicherheitshalber haben wir uns zuvor noch nach dem Dresscode erkundigt. Wie wir erfahren, wären die Salzburger Festspiele tatsächlich nicht das renommierteste Kulturfestival der Welt, wenn es nicht eine Etikette gäbe. Je nach Veranstaltung sollten Männer nach Sonnenuntergang einen Smoking oder Anzug als angemessene Kleidung tragen. Damen sollten bei einer Oper ein Abendkleid tragen, bei Konzerten und Schauspiel reicht ein schickes Kleid oder Kostüm. Nachmittags und bei weniger glamourösen Spielstätten geht es aber auch legerer. Straßenkleidung wie T-Shirts, Tank-Tops oder Turnschuhe sind jedenfalls tabu. Und mit Tracht sind alle Besucher immer gut gekleidet, nicht nur beim „Jedermann“. Wie gut, dass wir Lederhose und Dirndl eingepackt haben! Kurz darauf hören wir ihn wieder, den Ruf. Diesmal fühlen wir uns angesprochen: „Jeeeeedermaaaann“.