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Philippe Brunner: Seit seiner Kindheit schlägt sein Herz für die Puppenspielkunst | © Tourismus Salzburg
Portraits
Salzburgs kleine Stars: Ein Besuch im Marionettentheater
Mit seinen detailreichen Marionetten und kunstvollen Inszenierungen verzaubert das Salzburger Marionettentheater seit über 100 Jahren Gäste aus aller Welt. Doch was macht den besonderen Charme dieses traditionsreichen Hauses aus? Wir haben Philippe Brunner, den künstlerischen Direktor des Salzburger Marionettentheaters, getroffen und durften einen Blick hinter die Kulissen werfen.
Wer die gläserne Doppelflügeltür des Salzburger Marionettentheaters durchschreitet, betritt eine andere Welt. Hier spielen kleine Figuren, die aus Holz gebaut sind und durch Fäden zum Leben erweckt werden, auf der großen Bühne. Dieses besondere Theater atmet Geschichte: 1913 von Anton Aicher gegründet, ist das Salzburger Marionettentheater bis heute ein Ort, an dem Handwerk, Kunst und Musik auf einzigartige Art und Weise miteinander verschmelzen. Die Puppen sind handgefertigte Meisterwerke, jede ein Unikat. „Unser Ziel war immer, die Figuren als kleine Menschen darzustellen", sagt Philippe Brunner, während wir uns an einen Tisch im lichtdurchfluteten Arbeitsraum setzen. Im Hintergrund an der Wand hängen Zeichnungen von verschiedenen Marionetten. Wenn Philippe Brunner über die Marionetten und das Theater spricht, leuchten seine Augen. Die Begeisterung, die ihn nach Jahrzehnten in diesem Metier immer noch antreibt, ist das ganze Gespräch über spürbar.
Ein Kindheitstraum wird zur Berufung
Brunners Faszination für das Marionettentheater begann früh. Schon als Kind zog ihn das Spiel mit den kleinen Figuren in den Bann. „Mein Vater war Geiger bei den Berliner Philharmonikern, und wir waren regelmäßig hier in Salzburg, wenn er ein Engagement bei den Osterfestspielen hatte“, erinnert er sich. „Als ich das erste Mal in dieses Theater kam, war ich sofort verzaubert.“ Mit einem Schulfreund baute er später eigene Marionetten aus einfachen Materialien und inszenierte kleine Aufführungen. Später gründete Philippe Brunner, inspiriert vom Salzburger Marionettentheater, die Junge Marionettenoper Berlin. „Es begann als Kinderspiel, aber die Faszination ist nie verloren gegangen“, sagt er. Nach seinem Studium arbeitete er erst in der internationalen Musikwelt, organisierte Festivals und war Produktionsleiter bei ECM Records in München. Doch das Puppenspiel ließ ihn nie los. „Es war mehr als nur ein Hobby“, sagt Brunner. Die Verbindung aus seiner musikalischen Expertise und der Liebe zum Marionettenspiel formte seine Karriere. 2003 führte ihn sein beruflicher Weg schließlich nach Salzburg: Gretl Aicher, die Grande Dame des Puppenspiels in Österreich und damalige Prinzipalin des Salzburger Marionettentheaters, offerierte ihm eine spannende Stelle. Mittlerweile prägt Philippe Brunner das Salzburger Marionettentheater seit über zwei Jahrzehnten.
Wie ein filigranes Uhrwerk
Neben seiner Arbeit als Marionettenspieler, mit etwa 160 Aufführungen pro Jahr in Salzburg und auf Tourneen, umfasst die Aufgabe von Philippe Brunner als künstlerischem Leiter eine Vielzahl von Bereichen. „Ich bin unter anderem verantwortlich für die Planung neuer Produktionen, wähle Regisseure, Bühnen- und Kostümbildner aus. Und ich begleite auch den gesamten Entstehungsprozess einer Produktion, der oft zwischen anderthalb und zwei Jahren dauert. Die Musikauswahl und der Schnitt gehören ebenfalls zu meinen Aufgaben, ebenso wie die Tourneeplanung, die sehr zeitaufwendig ist und viel Organisation erfordert.“ Ein Theater wie dieses, sagt Brunner, funktioniert wie ein filigranes Uhrwerk: alles muss perfekt ineinandergreifen.
Das Handwerk hinter der Magie
Das Marionettentheater ist tief verwurzelt in Salzburgs kultureller Identität. Schon bevor die berühmten Salzburger Festspiele ins Leben gerufen wurden, war dieses Theater ein fester Bestandteil der Salzburger Kulturlandschaft. Doch Tradition bedeutet nicht Stillstand. „Wir wollen zeigen, dass sich unser Repertoire erweitert", erklärt Brunner. Auf dem Spielplan stehen nicht nur klassische Opern wie Mozarts „Die Zauberflöte“, sondern auch Stücke wie Shakespeares „Romeo und Julia“ und „The Sound of Music“. Für Brunner sind die Grenzen fließend: „Ich habe keine Berührungsängste mit anderen Genres.“ Die Liebe zum Detail und die Präzision im Puppenspiel blieben jedoch über die Jahrzehnte unverändert. „Die Figurenführung erfordert enorme Geduld und Geschick“, betont Brunner. Es dauert Jahre, die Marionetten so zu beherrschen, dass jede Bewegung fließend und organisch wirkt. Besonders stolz ist das Team auf die spezielle Technik, die im Haus entwickelt wurde, um den Puppen ihre fast menschliche Ausdruckskraft zu verleihen. Und genau das macht die Magie dieser Spielweise aus: Die Marionetten bewegen sich so natürlich, dass man fast vergisst, dass Fäden sie lenken.
Eine Bühne, zwei Welten
Auch das Salzburger Marionettentheater geht mit der Zeit. Das Team arbeitet beispielsweise eng mit externen Regisseuren zusammen, um frische Impulse zu setzen. „Es ist wichtig, über den Tellerrand zu schauen“, so Brunner. Besonders herausfordernd war die Inszenierung von Beethovens „Fidelio“. „Das Stück ist inhaltlich schwer, aber wie unser Regisseur an den Figuren gearbeitet hat, um den Text zu interpretieren, war meisterhaft“, erzählt er begeistert. Eine große Herausforderung des Hauses liegt darin, den analogen Charme des Marionettenspiels zu bewahren und gleichzeitig moderne Techniken einzubeziehen, ohne die Seele des Spiels zu verlieren. „Wir spüren, dass viele Eltern bewusst mit ihren Kindern kommen, um sie weg von Bildschirmen und Handys zu bringen“, erklärt Brunner. „Das Marionettentheater ist ein Erlebnis fürs Herz.“
Die Rolle des Theaters in Salzburgs Kulturszene
Kooperationen, unter anderem mit dem Mozarteum und dem Landestheater, haben ihres dazu beigetragen, dass sich das Salzburger Marionettentheater weit über die Grenzen Österreichs hinaus einen Namen gemacht hat. Bekanntheit erlangte das Theater auch durch die vielen Tourneen, die die Mitarbeiter bereits bis ans andere Ende der Welt führten. „Wir profitieren natürlich stark vom Ruf Salzburgs als Musikstadt“, so Brunner. Doch es ist nicht nur der internationale Ruhm, der das Theater am Leben hält. Es ist die Liebe der Menschen zu dieser besonderen Kunstform, die Generationen überdauert. Das Marionettentheater ist mehr als nur ein nostalgischer Ort – es ist lebendige Kultur.
Ein Blick in die Zukunft
Auch wenn das Marionettenspiel als immaterielles Kulturerbe gilt und unter UNESCO-Schutz steht, bleibt der Erhalt dieser Kunstform eine Herausforderung. Die Ausbildung neuer Puppenspieler ist ebenfalls zeitintensiv und erfordert Geduld – von beiden Seiten. „Es dauert sechs bis acht Jahre, bis man die Figurenführung wirklich beherrscht“, erklärt Brunner. Jeder Puppenspieler arbeitet gleichzeitig in der Werkstatt, alle Figuren werden im Haus gefertigt. Um diese verschiedenen Aspekte zu meistern, sind Talent, Lernbereitschaft und Durchhaltevermögen gefordert. Doch Brunner ist optimistisch: „Wir haben ein tolles Team und wir kämpfen dafür, diese Kunstform in Mitteleuropa zu erhalten.“ Die Zukunft des Theaters sieht Brunner in einem behutsamen Wandel. Die Auswahl der Stücke, das Einbinden neuer Technologien – all das muss mit Fingerspitzengefühl geschehen, ohne den Kern der Tradition zu verlieren. „Unser Theater wird immer ein analoger Fixpunkt in einer zunehmend digitalen Welt bleiben“, sagt er. Und genau das ist es, was die Menschen hierherzieht: das Gefühl, etwas Greifbares zu erleben – und gleichzeitiges etwas Magisches.
Ein Ort der Magie
Die Stadt Salzburg ist für Philippe Brunner mehr als nur ein Arbeitsplatz – sie ist zu seiner zweiten Heimat geworden. „Hier zu leben und zu arbeiten, ist ein Privileg“, erzählt der gebürtige Berliner lächelnd. Die Stadt inspiriert ihn mit ihrer reichen Geschichte und unvergleichlichen Schönheit immer wieder aufs Neue. Doch es steckt auch ein Großstadtmensch in Philippe Brunner: „Ich liebe den größeren Fokus in einer Metropole, das Gefühl, sich auf ganz anderem Terrain zu bewegen.“ Diese Balance aus der Ruhe Salzburgs und den Eindrücken der Welt, die er auch auf Tourneen sammelt, ist für seine kreative Arbeit essenziell. Besonders inspirierend sind für Philippe Brunner die Wasserspiele mit dem mechanischen Theater in Hellbrunn – ein Ort, der seinen verspielten Charakter widerspiegelt. „Und das Steintheater liebe ich vielleicht noch mehr“, fügt er hinzu. Beide Stätten laden zum Träumen ein und verbinden Kunst und Fantasie auf ganz eigene Weise. Es sind Orte der Magie – genau wie das Salzburger Marionettentheater.