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Portraits
Von magischen Momenten: Elisabeth Fuchs
Den Namen Elisabeth Fuchs kennt in Salzburg fast jedes Kind – und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Die berühmte Dirigentin ist unter anderem für ihr Engagement in der Kinder- und Jugendbildung bekannt. Mit der Philharmonie Salzburg führt sie außerdem ein freischaffendes Orchester aus über 20 Nationen. Wir trafen die sympathische Künstlerin zu einem Gespräch über Musik, nächtliche Spaziergänge und die kindliche Überraschung, dass nicht alle Dirigenten weiblich sind.
Frau Fuchs, woher kommt Ihre Leidenschaft für das Dirigieren?
Über die Liebe zur Musik, die mir vielleicht in die Wiege gelegt wurde, über mein Umfeld und den offenen Zugang zur Musik. Über das Singen von Kinderliedern und die Blechbläser. Ich hatte rückblickend einen ganz natürlichen Zugang dazu. Im Linzer Musikgymnasium hatte ich einen tollen Lehrer, der uns allen diese große Welt eröffnet hat. Schon in der fünften Klasse durften wir alle dirigieren, das war ungewöhnlich. Jede Klasse hatte damals einen Klassenchor, und unsere Klasse durfte einmal für Amnesty International spielen. Als dann die Frage kam, wer das einstudieren soll, hat die ganze Klasse gesagt: Das soll die Lisi machen. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass mir das Dirigieren liegt. Damals hatte ich aber noch nicht daran gedacht, das einmal professionell zu machen. Ich war nicht hochbegabt oder so. Mit 16 Jahren habe ich in London die Matthäus-Passion gesungen, mit dem London Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Franz Welser-Möst. Das war eine magische Aufführung für mich. So intensiv. Damals dachte ich, wie muss das erst sein, wenn man diesen Klang formen kann und das Bindeglied zwischen Orchester und Musik ist. Die endgültige Entscheidung fiel dann, als ich 21 oder 22 war. Ich gründete auf Anraten von Balduin Sulzer ein Orchester, die Philharmonie Salzburg. Nach dem ersten Konzert als Dirigentin wusste ich: Das ist es. Wenn es strömt, wenn es einem durch und durch geht, wenn man Medium sein und sein Talent einsetzen kann, das ist einfach gewaltig.
Was mögen Sie an Ihrem Beruf am meisten?
Das Kreieren von magischen Momenten. Das kann während einer Probe sein, in einem Konzert mit Publikum, mit einer Solistin oder einem Solisten. Diese Momente, die berühren. Das mag ich am liebsten an meinem Beruf. Für mich ist inspirierend, wenn ich merke, wie Publikum, Orchester und Klang verschmelzen. Es ist das Verbindende, das mich fesselt. Menschen über die Musik in eine andere Welt katapultieren zu können und dadurch wieder zu sich finden zu lassen, das ist schön. Für mich war immer wichtiger: What is behind? Eine Spur zu hinterlassen, nachzuwirken. Deshalb versuchen wir, Erlebnisse zu kreieren – auch für und mit Kindern. Eine Mutter hat mir einmal erzählt, dass sie seit acht Jahren zu den Kinderfestspielen kommt, bei denen ich die Künstlerische Leitung überhabe. Dann war sie einmal mit ihrem Sohn bei einem Konzert im Festspielhaus und ihr Bub hat gesagt: Ich habe gar nicht gewusst, dass auch Männer dirigieren können. Damals ist mir klar geworden, welche Breite der eigene Wirkungskreis bekommen kann.
Was dirigieren Sie am liebsten? Welchen Komponisten bevorzugen Sie und warum?
Mein Lieblingskomponist ist Johann Sebastian Bach. Immer, wenn ich ihn höre, seine Stücke musiziere oder dirigiere, macht das was mit mir. Das hat energetisch eine besondere Kraft und bringt mich unglaublich gut zu mir selbst. Auch Mozart mag ich total gerne. Da finde ich mich als Seele wieder. Das Kind auf der einen Seite und die tiefe Seele auf der anderen. Gustav Mahler ist ein weiterer meiner liebsten Dirigenten. Das war ein verrückter Kerl und so ein extremer Typ mit seinen neuneinhalb Symphonien voller Extremen. In Gustav Mahler finden sich viele Musiker wieder, auch in den Klangfarben. Mal richtig bombastisch, mal fast depressiv. So wie das Leben selbst. Wenn man eine Symphonie von Mahler dirigiert, geht man durch alle Höhen und Tiefen. Ähnlich wie eine Gipfelbesteigung. Oder eine Geburt.
Was macht Salzburg für Sie so einzigartig?
INSIDERTIPPS
Sie sind bekannt für Ihre Arbeit mit Kindern – Stichwort Kinderfestspiele. Erzählen Sie uns bitte, was für Sie das Besondere an der Arbeit mit Kindern ist.
Neben den Familienkonzerten über das Jahr veranstalten wir im Sommer die Kinderfestspielwoche, ein vierzehntägiges Festival, für Schulklassen und Kindergärten mit Konzertproduktionen. Es ist eine unvergleichliche Energie, wenn man da 800 Kinder im Alter von sieben oder zwölf Jahren beisammenhat und mit denen rappt oder singt. Es gibt keine kritischeren Geister als Kinder. Für diese Gruppe etwas zu konzipieren und zu performen, das ist eine große Herausforderung für mich. Aber mir hat die klassische Musik so viel gegeben und was gibt es dann Schöneres, als Kindern das weitergeben zu können? Wenn Kinder über diese positive Erfahrung Instrumente kennenlernen und sich das Tor zur klassischen Musik öffnet, dann ist das einfach toll.
Es gibt unzählige Konzerte, die Auswahl in Salzburg ist riesig. Welchen „Einstieg“ empfehlen Sie Menschen, die (noch) keinen Zugang zur klassischen Musik haben?
Wir haben eine Konzertreihe, die heißt „Samstag ins Konzert“ und beginnt jeweils um 19.30 Uhr. Das sind leichte Konzerte mit Moderation, bei denen ich jeweils Hintergründe zu den Stücken erzähle. Sie finden in der Aula der Universität statt, es ist leger und man muss nicht in der großen Abendgarderobe kommen. Auch sonntags gibt’s diese Konzertreihe, immer ab 18 Uhr. Ich habe diese beiden Konzertreihen extra für Menschen ins Leben gerufen, die einen Einstieg in die klassische Musik suchen und einfach einen schönen Abend erleben möchten.
Wo entspannen Sie in Salzburg am liebsten?
Bei einem nächtlichen Spaziergang um den Leopoldskroner Weiher. Ich gehe gerne nachts raus. Wenn sich der Mond im Weiher spiegelt und man das Schloss im Hintergrund sieht. Das ist schon fast magisch.