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Porträt - Gabi Freischlager | © Kerstin Zeise
Portraits
Spurensuche in der UNESCO-Stadt: Gabi Freischlager
Als Austria Guide und langjährige Kulturmanagerin besitzt Gabi Freischlager nicht nur einen riesigen Wissensschatz über die Stadt Salzburg und ihr reiches architektonisches Erbe. Sie hat auch Geschichten über die UNESCO-Stadt auf Lager, die Sie bestimmt noch nie gehört haben. Oder wissen Sie, was es mit der „rasenden Eierspeis“ auf sich hat? Wir haben die Fremdenführerin getroffen und ihr spannende Details entlockt.
Frau Freischlager, Sie waren langjährig als Kulturmanagerin in Salzburg tätig und haben erst kürzlich die Ausbildung zum Austria Guide gemacht. Was hat Sie dazu bewogen?
Ausschlaggebend für diesen Schritt war meine Leidenschaft für Kunst und Kultur. Sie begleitet mich schon ein Leben lang. Und meine große Freude an der Weitergabe dieses Wissens an andere Menschen – an der Kunstvermittlung. Ich habe Kunstgeschichte und Kommunikationswissenschaft studiert und wollte wieder „back to the roots“. Die Ausbildung zur Austria Guide hat mir selbst neue Perspektiven auf Salzburg eröffnet. Die Stadt hat auch abseits der viel besuchten Orte spannende Architektur und Kunstorte zu bieten!
Wenn Sie Gästen „Ihr“ Salzburg zeigen und die Geschichte näherbringen: Was ist dabei besonders schön für Sie?
Das Schönste ist, wenn ich bei den Gästen Interesse, Begeisterung und Staunen auslösen kann. Und auch, wenn Einheimische sagen „Wow, das habe ich gar nicht gewusst“, freut mich das sehr.
Sie kennen jeden Platz in Salzburg. Verraten Sie uns Ihren Lieblingsplatz in Salzburg?
Salzburg ist ein einzigartiges Gesamtkunstwerk aus Landschaft und Architektur. Die Plätze um den Dom „funktionieren“ zusammen und die Entscheidung fällt mir schwer, welcher schöner ist. Wenn ich mich aber entscheiden muss, ist es der Kapitelplatz. Er öffnet den Blick zur Festung Hohensalzburg auf wunderschöne Art und Weise. Auch Stephan Balkenhols Sphaera – „Der Mann auf der goldenen Kugel“ – gefällt mir sehr gut. Er ist mittlerweile zu einem Wahrzeichen Salzburgs avanciert. Beim Riesenschachbrett vor der Kugel tummeln sich immer Menschen, da ist immer was los. Die barocke Kapitelschwemme ist besonders im Sommer ein herrlicher Platz zum Verweilen. Das ganze Ensemble am Kapitelplatz ist einfach sehr stimmig.
Was kommt bei Ihren Führungen immer vor?
Bei jeder Führung stelle ich Bezüge zu aktuellen Ereignissen und zur zeitgenössischen Kunst her. Etwa zu den Skulpturen des „Walk of Modern Art“ und den Ausstellungen in Galerien. Ich gebe auch immer den Hinweis, dass jeder Stil einmal zeitgenössisch war. Die barocke Kollegienkirche, einer der Paradebauten Johann Bernhard Fischer von Erlachs, war zum Beispiel heftig umstritten. Auch Hinweise auf traditionelle Betriebe der Stadt, auf Kaffeehäuser oder Gasthäuser lösen oft Staunen aus, was Alter und die lange Historie der Betriebe betreffen.
Wie ist Ihre Einschätzung zu UNESCO: „konservieren und weiter erhalten“ oder „aufbrechen und Neues wagen“?
Die Aufnahme Salzburgs ins UNESCO-Weltkulturerbe ist eine unglaublich wertvolle Auszeichnung, die viel Verantwortung mit sich bringt. Ein historisches „Denkmal“, ein Bauwerk, muss aber auch belebt werden, damit es eine Zukunft hat. Es muss ein alltägliches Leben im historischen Zentrum nachhaltig möglich sein. Lokale, Geschäfte, die Universität, Museen oder Galerien im historischen Zentrum sind essenziell für die Lebensqualität der Menschen. Ich persönlich finde, es wird beides brauchen im UNESCO-Welterbe: den Schutz des historischen Bestands genauso wie die Erneuerung.
So wie überall gibt es viele Dinge, die man über eine Stadt wissen kann, aber nicht muss. Was ist Ihr lustigster Lieblingstipp an „unnützem Wissen“ über Salzburg?
Da gibt es gleich mehrere. In Salzburg gab es zum Beispiel einmal eine Straßenbahn, die hatte eine eigelbe Farbe. Deshalb wurde sie im Volksmund die „rasende Eierspeis“ genannt. Und, was viele auch nicht wissen, es gab einmal einen Bierzwang in Salzburg. Ab 1664 mussten auf Befehl von Fürsterzbischof Guidobald Graf Thun Hohenstein alle Salzburger Wirte, die keine eigene Bierproduktion besaßen, das Bier aus dem erzbischöflichen Hofbräu Kaltenhausen ausschenken. Dieser Bierzwang war jedoch nicht sehr erfolgreich, weil das erzbischöfliche Bier nicht gerade gut schmeckte. Deshalb versuchten die Salzburger, diese Regelung so gut es ging zu übergehen.
Was macht Salzburg für Sie so einzigartig?
INSIDERTIPPS
Welches ist Ihr Lieblingsdurchhaus und warum?
Das Schatz-Durchhaus in der Getreidegasse 3 ist mein Lieblingsdurchhaus. Es stammt aus dem 13. Jahrhundert. Weil sich hier viele Geschäfte angesiedelt haben, wirkt es ein bisschen wie ein Bazar. Die Architektur ist typisch salzburgerisch: Laubengänge mit Säulen aus Adneter Marmor aus dem 16. Jahrhundert und der Arkadenhof. Es ist außerdem das einzige Durchhaus, das ringsum mit Arkadengängen umgeben ist. Ein mumifizierter Haifisch und eine "Walrippe" des Handelsfaktors Andrä Mayr, die an der Decke des Durchgangs hängen, sind Symbole des Levantehandels. Außerdem gibt es hier selbstverständlich die Konditorei Schatz mit dem schönen, historistischen Geschäftsportal von Valentin Ceconi und supergute Kuchen, Torten und Gebäck.
Welche ist Ihre liebste Gasse in Salzburg und warum gerade diese?
Ganz klar: die Steingasse mit ihrem mittelalterlichen Flair. Sie war eine alte Römerstraße nach Aquileia und besticht heute mit charmanten kleinen Lokalen, Antiquariaten, Galerien und Street Art. Außerdem eröffnet sich ein wunderbarer Blick auf die linke Altstadt beim Inneren Steintor. Eine kleine, ruhige Oase nahe dem Zentrum!
An welchen architektonischen Leckerbissen darf man Ihrer Meinung nach nicht achtlos vorbeigehen?
Am Kolleg St. Benedikt in St. Peter. Es ist ein Beispiel der Moderne in Salzburg mit Fresken von Anton Faistauer. Die Ausstattung der Eingangshalle ist bemerkenswert gut erhalten und das monumentale Schreckenskruzifix von Jakob Adlhart ist eines der Meisterwerke sakraler expressiver Kunst. Der Ausdruck von Schmerz ist atemberaubend. Auch an der Kollegienkirche als eine der schönsten Barockkirchen von Johann Bernhard Fischer von Erlach sollte man nicht achtlos vorbeigehen, genauso wenig am Paracelsusbad. Das moderne Bad von Berger+Parkkinen Architekten im Kurgarten bei Schloss Mirabell ist ein sehr gelungenes Beispiel zeitgenössischer Architektur an der Schwelle zwischen historischem Zentrum und Neustadt.