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Portraits

Literarisch Mörder jagen: Manfred Baumann

Er ist Kabarettist, erfolgreicher Krimiautor und nicht zuletzt ein äußerst beredter Salzburgkenner: Manfred Baumann, Schöpfer der Salzburg-Krimis mit dem Ermittler Martin Merana und für Krimifans verheißungsvollen Titeln wie „Jedermanntod“, „Todesfontäne“ und „Mörderwalzer“. In den Jahren 2010 bis 2023 sind 11 Bände erschienen, dazu Kurzgeschichten, Weihnachts- und Kräuterkrimis. Ein Ende in Sicht? Mitnichten. Ein Gespräch über Inspiration, Flair und Italianità.

Lieber Manfred, was verbindet dich mit Salzburg?

Sehr viel. Das hat vor allem damit zu tun, dass ich in Hallein - ganz in der Nähe von Salzburg - geboren bin. Wir Halleiner sagen natürlich, dass Salzburg ein Vorort von Hallein ist und nicht andersherum. Denn Salzburg hat seine gesamte barocke Pracht dem Salz zu verdanken, das auf dem Dürrnberg bei Hallein abgebaut, in der Stadt verarbeitet und über die Salzach verschifft wurde. Mit dem Salzhandel haben die Erzbischöfe sehr viel Geld verdient - also verdankt Salzburg seine Pracht eigentlich uns Halleinern. (Er lacht.) Wirklich in die Stadt gekommen bin ich erst mit dem Studium. Ich habe dann auch fünf Jahre hier gelebt, mir aber stets den staunenden Blick eines Besuchers und das herrliche Gefühl, Gast in dieser Stadt zu sein, erhalten.

„Ein herrliches Gefühl, Gast in dieser Stadt zu sein“ – das ist fast ein bisschen so wie bei deinem Kommissar Merana, oder?

Richtig! Mir war und ist es sehr wichtig, dass der Ermittler von außen kommt, also nicht etwa in der Stadt Salzburg geboren und aufgewachsen ist und ihm deshalb alles selbstverständlich erscheint. Der Blick eines Besuchers ist viel aufmerksamer als der Blick von jemandem, der hier eh alles kennt. Wenn ich ankomme in Salzburg, wenn ich an der Salzach stehe und auf die Festung und die Altstadt schaue, habe ich auch heute immer noch das Gefühl, ich bin hier zu Gast – und empfinde es jedes Mal als ein Geschenk.

Was interessiert dich denn eigentlich an der Gattung Krimi im Allgemeinen und am Salzburg-Krimi im Besonderen?

Mich fasziniert das Rätsel. Die Frage: Was steckt dahinter? Von dieser Frage ist es nicht weit bis zum Krimi. Ich bin ein großer Agatha-Christie-Fan, weil es mich fasziniert, wie sie die Rätsel verklausuliert. Das Rätselstricken und wie man deren Auflösung präsentiert – das reizt mich. Und in Kombination damit: eine Stadt als Hauptdarstellerin zu wählen. So wie bei Donna Leon und ihren Brunetti-Krimis, die ja in Venedig spielen. Für meine Salzburg-Krimis gilt: Der Fall muss etwas Besonderes sein und die heimliche Hauptdarstellerin ist immer die Stadt: das Flirren des Schauplatzes, die Stimmungen, das Geschichtsträchtige, das Aufgeladene.

Für welches Publikum schreibst du denn deine Salzburg-Krimis?

Als ich mit dem ersten Merana-Krimi angefangen habe, da dachte ich an Menschen aus Wien, Italien, Deutschland – Menschen von außerhalb also. Womit ich damals nicht gerechnet hätte, war, dass sich auch Salzburger dafür interessieren könnten. Aber tatsächlich ist das durchaus der Fall. Immer wieder werde ich darauf angesprochen, welch interessante Blickwinkel und Hintergründe ich einnehme und beleuchte. Es gibt sogar Menschen, die die Schauplätze meiner Bücher ablaufen, weil „der Baumann immer was sieht, was wir nicht sehen.“ Und das liegt sicher daran, dass ich mir den Blick des aufmerksamen Gastes bewahrt habe.

Deine Salzburg-Krimis beginnen oft mit einer Leiche an einem besonders eindrücklichen, meist sehr prominenten Ort in Salzburg. Wie gehst du vor, wie suchst du dir diese Schauplätze aus?

Ich lasse mich immer vom Schauplatz inspirieren. Ich will meine Geschichten dort situieren, wo ich Salzburg mag, an den Orten, wo mich das Ambiente überwältigt. Darum: Domplatz, Jedermann-Bühne. Ich bin damals für mein erstes Buch dorthin, obwohl ich den Ort sehr gut kannte, habe mich hingesetzt und mir überlegt: Wo könnte meine erste Leiche liegen? Natürlich auf der Bühne. Nächster Gedanke: Wer könnte es sein? Der Jedermann? Nein, der stirbt ja eh. Aber was, wenn jemand dem Tod den Tod bringt? Das könnte funktionieren! Und so nahm mein erster Salzburg-Krimi „Jedermanntod“ seinen Lauf. So fange ich immer an. Ich lasse mich vom Schauplatz inspirieren. Ich gehe dorthin und tu erst einmal nichts anderes als spüren. Ich stell mich also auf den Kapuzinerberg und frag mich: Warum könnte jetzt jemand hier jemand anderen hinunterstoßen? Das Erstaunliche ist: Auf diese Weise kommt die Geschichte, so kommen die Figuren stets zu mir. Ich muss mich lediglich an den Ort begeben und warten.

Sind diese Geschichten also in Salzburg eingeschrieben?

Die Geschichten sind nicht unbedingt eingeschrieben, aber allein wie sich die Orte in Salzburg in ihrem Sosein präsentieren – sind sie enorm inspirierend. Sie machen etwas mit mir – und vermutlich auch mit anderen Menschen. Ich gehe in den Mirabellgarten, betrachte die Fontäne und die Statuen. Ich stell’ mich ins Marionettentheater, gehe hinter die Bühne, sehe die Puppen, die dort hängen – und dann weiß ich, wer dort stirbt, wie und warum. Das denke ich mir alles nicht am Schreibtisch aus. Das erzählt mir der Ort. Mein Gespür dort, vor Ort, sagt mir, wie es gehen kann.

Wenn Wien morbide ist und München exklusiv, wie würdest du das Flair von Salzburg beschreiben?

Salzburg hat eine besondere Eigenschaft, und zwar die Italianità. Meine Eltern sind aus Südtirol, meine Urgroßmutter war Italienerin. Auch davon habe ich meinem Protagonisten Merana etwas mitgegeben. Daher auch sein Name und seine besondere Verbindung mit dieser über den Klerus und die barocke Mode italienisch geprägten Stadt. Salzburg mit seinen Plätzen und historischen Bauwerken entbehrt nicht einer gewissen, äußerst stimmungsvollen Italianità.

INSIDERTIPPS

Welche Orte in Salzburg eignen sich am besten zum Schmökern und Lesen?

Da gibt es die klassischen Kaffeehäuser natürlich – so wie das Café Bazar. Da sitzt man und liest Zeitung. Und es hat den Ruf seit jeher das Café der Künstler, Dichter und Denker zu sein. Der Salzburger Schriftsteller Walter Müller sitzt zum Beispiel manchmal dort und schreibt - mit der Hand übrigens. Ein kleiner Geheimtipp ist womöglich das Vis-à-Vis Doll Café an der Nonntaler Hauptstraße, ein Ort, der mehr ist als nur ein Kaffeehaus. Es ist auch Puppenhaus, Wundergarten, Märchenstube, Boutique. Verwinkelt, duftend, kreativ. Das mag ich sehr.

Welche Buchhandlung kannst du in Salzburg empfehlen?

Ganz klar, die Buchhandlung Höllrigl, die älteste Buchhandlung Österreichs. Sie ist zentral in der Salzburger Altstadt gelegen, über 400 Jahre alt und befindet sich in den Räumlichkeiten des historischen Ritzerbogen-Hauses.

Welche Orte in Salzburg empfindest du als besonders stimmungsvoll?

Wenn ich jemandem die Stadt zeige, dann beginne ich meistens beim Marko-Feingold-Steg auf der Seite des Landestheaters. Von dort aus präsentiert sich ein herrlicher Blick auf die Altstadt. Wenn man Zeit hat, steigt man auf die Dachterrasse des Hotel Stein hinauf und gönnt sich dieses Panorama bei einer Tasse Kaffee. Im Anschluss hinüber in die Altstadt und ein Stück den Festungsberg hinauf, um von dort auf die Stadt zu schauen – quasi aus der anderen Richtung. So erzählt sich einem die Stadt wie von selbst. Und wenn dann noch Zeit ist, sollte man unbedingt auf den Kapuzinerberg steigen und ein weiteres Mal den Blick über die Stadt schweifen lassen. Das würde ich unbedingt empfehlen, denn dann bekommt man wirklich ein Gefühl dafür, was Salzburg ausmacht hinsichtlich Anlage, Ambiente und Flair.

Veröffentlicht 26.12.2023

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Inspiration